Osterfrühstück 2017

                                                                                  



Der Landfrauenverein Wilstermarsch veranstaltete ein nachösterliches Frühstück im Landgasthaus Zum Dückerstieg und befasste sich neben dem kulinarischen Buffet mit der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. Dazu referierte Thorsten Kliefoth über seine Einsätze als Rettungsdienstler bei der Organisation Sea Watch. Kliefoth wohnt mit seiner Familie in Heiligenstedten und hat vor Jahren seinen Zivildienst beim Rettungsdienst absolviert. Als sich 2015 die Privatinitiative Sea Watch gründete, wurde er Aktivist und war im selben Jahr vor der griechischen Insel Lesbos erstmalig im Einsatz, kurze Zeit später noch einmal im selben Gebiet. „Ich bin durch eine Bekannte auf Facebook darauf aufmerksam geworden“, erzählt Thorsten Kliefoth. Vor dem Fernseher zu sitzen und schreckliche Bilder zu sehen, ohne etwas tun zu können, reichte ihm nicht mehr, er wollte selber helfen. „Man muss den Flüchtlingen gegenüber positiv eingestellt sein und die Bereitschaft haben, sich darauf einzulassen.“ Er schloss sich der zivilen Seenotrettung an, die damals mit einem umgebauten Fischkutter, der nach der Organisation benannten „Sea Watch“, Flüchtlinge aus dem Mittelmeer fischte. Im letzten Jahr konnte dank Spenden ein neues, gebrauchtes, Schiff in Dienst gestellt werden. Die Crew auf dem Rettungsschiff bestand mit ihm aus 16 Mitgliedern, die neun Nationalitäten angehörten. „Alles Fachkräfte und Spezialisten auf ihrem Gebiet und im medizinischen Team mindestens eine Frau“, berichtet Kliefoth.  Bisher hatte er bei seinen Einsätzen Glück, die ohne größere und schwerwiegende Zwischenfälle abgelaufen sind.
Die Flüchtlinge zahlen für ihre Flucht, die unterschiedliche Gründe hat, zirka 1500 bis 2500 Euro pro Person. „Die Schlepper werden immer skrupelloser und zwingen ihre „Kunden“ mit Pistolen auf die Boote.“ Kliefoth rette vor Lesbos eine Familie, die aufgrund der Wetterlage nicht auf See wollte, aber mit Waffengewalt auf das Boot verfrachtet wurde. „Dabei kriegen die Flüchtlinge oft gefälschte Rettungswesten, die sich im Wasser schnell vollsaugen und dem Träger keine Chance lassen“, berichtete Thorsten Kliefoth. Der 51-Jährige hat viele Geschichten erlebt, die kaum zu glauben sind. Er zeigte bei seinem Vortrag Bilder von zwei Fotojournalisten, die mit ihm an Bord der „Sea Watch“ waren. Kenneth Karpov und Johannes Moths fingen mit der Kamera die Apathie der Menschen, aber auch ihre Hoffnung ein.
Über die Seenotrettungsleitstelle Rom (MRCC) werden die Einsätze der Retter organisiert. Die Schiffe werden per Radar aufgespürt, aufgrund ihrer geringen Größe aber oft für Wellenkämme gehalten. „Der Ausguck mit Ferngläsern ist da lebenswichtig.“ Ebenso eine gut geplante Anlandung. Auf Lesbos war das nicht immer gegeben, da die Küste felsenreich ist und mit Rettungswagen kaum zugänglich. Eine Rettung auf dem Wasser ist bei schlechtem Wetter oft auch unmöglich. Auf der „Sea Watch 2“ können nicht nur viele Menschen Unterschlupf finden, sondern auch eine medizinische Erstversorgung ist hier möglich.
Die Besatzung des Rettungsschiffes sichert mit großen, seegängigen Schlauchbooten die Flüchtlingsschiffe, verteilt Schwimmwesten und überprüft den Gesundheitszustand der Passagiere. Währenddessen wird ein Schiff gesucht, dass die Flüchtlinge aufnehmen und nach Europa transportieren kann. „Die Handelsflotte muss bei einem SOS-Notruf reagieren und Menschen aufnehmen“, erläutert Thorsten Kliefoth.
Für seine Sea Watch-Einsätze investiert er seine Überstunden und seine Familie steht ihm hilfreich zur Seite. Seine Frau Gabi ist Notfallseelsorgerin und traumazentrierte Fachberaterin im Kirchenkreis Rantzau. Sie weiß wie ihr Mann, dass die Hilfsorganisationen untereinander vernetzt und sich ihrer Verantwortung bewusst sind. „Einige der Aktivisten haben ihr Leben umgestellt und pendeln zwischen den Organisationen von einem Einsatz zum nächsten“, weiß Thorsten Kliefoth. Er ist erst am Ostermontag von Malta nach Hause gekommen und hat seine reguläre Arbeit wiederaufgenommen. „Nach einem Einsatz muss man erst wieder nach Hause und in den normalen Alltag finden, bevor man wieder los kann – alles andere ist ungesund“, sagt Kliefoth.
Der Landfrauenverein Wilstermarsch sammelte nach dem Vortrag 360 Euro zur Unterstützung von Sea Watch. „Das reicht wieder für ein paar Liter Diesel“, freute sich Thorsten Kliefoth.

Weitere Informationen über die Zivilen Seenotretter finden sich im Internet. Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft Berlin, Kontoinhaber: Sea-Watch e.V.
IBAN: DE77 1002 0500 0002 0222 88; BIC: BFSWDE33BER (Fotos und Text sko).