Von der Kakaobohne zur Praline


Am 13. September hatten die Landfrauen der Wilstermarsch Herrn R. Wagner, den Inhaber  der Pralinenmanufaktur Wagner aus Brunsbüttel zu Gast. Während Herr Wagner die Geschichte seines in der 4. Generation in Familienbesitz befindlichen, im Jahre 1891 gegründeten Werkes erzählte, durften die rund 100 Landfrauen schon die ersten Köstlichkeiten der handgefertigten Spezialitäten probieren. Der Firmenchef, der gerade vor einer Woche noch auf einer Messe in Shanghai war, berichtete, dass die Geschäftspartner vor allen Dingen  Fach- und Feinkosthandel, Hotels und  Kreuzfahrtschiffe der Luxusklasse sind. Die weitesten Kunden befinden sich in Sydney und  Melbourne, wobei er schmunzelnd  hinzufügte, dass sich unter den Niederlassungen in ganz Europa und Asien auch eine im Schokoladenland Nr. 1, der Schweiz befindet.

Zur Herstellung der Pralinen wird nur bester Kakao genommen. Früher einmal Zahlungsmittel der Azteken und von den Spaniern aus Amerika importiert, befindet sich dieses wertvolle Pulver seit Jahrhunderten in der Entwicklung, die sich auch in Zukunft immer fortsetzen wird.

Für Kinder galt dieser Göttertrunk als Medizin und war auch vorwiegend in Apotheken erhältlich.

Die besten Anbaugebiete der Kakaofrucht befinden sich in Mittelamerika, Mittelafrika und Westafrika. Die Plantagen sind auf fruchtbarem Lössboden angelegt und somit ein idealer Ort für die sensiblen Pflanzen, die erst im Alter von 6-7 Jahren eine erste gute Ernte bieten, dann jedoch für 20 Jahre Erträge sichern.

Nach dem Pflücken wird die Kakaofrucht geöffnet, es befinden sich ca. 110-150 Kerne in einer Frucht. Danach beginnt die Fermentation: Fruchtfleisch und Kakaokerne  werden auf großflächigen Tischen zugedeckt getrocknet. Die Biochemie, sprich Bakterien, vertilgt das Fruchtfleisch. Nach dem Trocknen werden die Bohnen in Säcke gefüllt. Wohlgemerkt alles Handarbeit, fügte Wagner immer wieder ein und forderte die Landfrauen zwischendurch  auf tüchtig zuzugreifen.

Das Rohstoff-Lager der Firma Wagner befindet sich in Hamburg und wird mit Ware aus Rotterdam, dem Hauptumschlagshafen, beliefert. Es herrschen hohe Sicherheitsvorschriften, die Qualitätssicherung fordert uneingeschränkte Dokumentation und wird 1mal monatlich geprüft.

Die Fertigung der Rohschokolade für die Firma Wagner geschieht in einem Werk in Belgien. Die Bohnen werden dort geröstet, brechen auf und werden durch das Mahlen zu einer bitteren klebrigen Masse. Durch Pressen dieser Kakaomasse erhält der Hersteller Presskuchen und goldgelbe Kakaobutter, sie ist sogar teurer als Schokolade und findet auch in der Cremeherstellung Verwendung. Vom belgischen Werk  kommt jede Woche eine frische Lieferung ins Brunsbütteler Unternehmen, in dem rund 150 Mitarbeiter beschäftigt sind.

Hier beginnt die Veredelung. Dem Kakaopresskuchen werden wieder Kakaobutter, Milchpulver und Zucker hinzugefügt; danach folgt das Feinwalzen auf Walzstühlen. Das Conchieren ist der  wichtigste Bestandteil der Schokoladenherstellung. Eine feine Schokolade erzeugt man, so der Firmenchef, durch entgegengesetztes Rühren, je länger dieser Vorgang dauert, umso wertvoller und teuerer wird die Schokolade.

Im Stellraum werden Grundmassen für die Füllungen hergestellt. Die Rezepte sind geheim. Aber Sahne und  Butter dafür, sowie auch andere Zutaten beziehe seine Firma überwiegend aus der heimischen Umgebung. Das Marzipan kommt aus Lübeck; nur die Wallnüsse, die natürlich von Hand auf die Pralinen gesetzt werden, sind aus Frankreich.

Die Formung und das liebevolle Dekorieren von Hand, Finish genannt,  bilden den Abschluss der Pralinenherstellung. Für die Krustenpralinen, die sehr aufwändig in der Herstellung sind, steht den Mitarbeitern sogar eine alte Krokantwalze aus Urgroßvaterzeiten zur Verfügung. Nach dem Schokolieren, dem Überziehen mit Glasur, werden die Pralinen handverlesen.

Die Trüffelkugeln: Igeli, durch die sein Werk so berühmt geworden ist, sind sehr kompliziert herzustellen, berichtet Herr Wagner, die Schokoladen-Stacheln entstehen nur bei idealer  Raumtemperatur und einem bestimmten Feuchtigkeitsgrad.

Jedes Stück ist ein Unikat erklärte er stolz. 

Die Verpackung erfolgt unter umweltfreundlichen Aspekten, erläuterte er zum Schluss. Der Versand erfolgt innerhalb 3-4 Tagen, so dass die 200 Sorten Praline, die über das Jahr verteilt, hergestellt werden, immer frisch geliefert werden können.

Einer der wenigen Geschäftspartner in der Umgebung, so der Firmenchef, ist  Peter Kruse in Wilster.

Herr Wagner forderte die Landfrauen immer wieder auf, die vielen verschiedenen Pralinensorten, die herumgereicht wurden, zu probieren. Zum Schluss aber passte auch die wertvollste Praline nicht mehr hinein.(tt)